Soll ich ein unbekanntes Erbe annehmen?

Soll ich ein unbekanntes Erbe annehmen?

Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten

Vorstufe – worin besteht der Nachlass? Mehr Aktiva und Passiva?

Der Erbe ist oft nicht in der Lage zu beurteilen, worin der Nachlass tatsächlich besteht und ob er eventuell überschuldet ist. Die Entscheidung, ob ein unbekanntes Erbe angenommen wird oder nicht ist daher im Grunde nur eine Frage, ob der Erbe die Haftung für eventuelle Schulden des Erblassers wirksam ausschließen oder beschränken kann. Das ist möglich.

a) Wenn er ein gutes Verhältnis und Einblick in die Vermögensverhältnisse des Erblassers hatte,kann der Erbe freiwillig ein Nachlassinventar errichten lassen. Er muss dann durch Hinzuziehung der zuständigen Behörde oder eines Amtsträgers (z.B. Notar) gemäß § 2002 BGB den gesamten Bestand erfassen, um damit die Beschränkung seiner Haftung auf diesen Nachlassbestand herbeizuführen. Bei einem umfangreichen Nachlass kann die Erstellung des Inventarverzeichnisses natürlich enormen Arbeitsaufwand bedeuten.

Doch was bringt dieser Aufwand überhaupt? Die Errichtung dient zur Abwendung der unbeschränkten Haftung mit dem eigenen Vermögen. Sie ist für den Erben die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung. Die in § 2009 BGB begründete Vermutung lautet nämlich:
Ist das Inventar rechtzeitig errichtet worden, so wird im Verhältnis zwischen dem Erben und den Nachlassgläubigern vermutet, dass zurzeit des Erbfalls weitere Nachlassgegenstände als die angegebenen nicht vorhanden gewesen seien.
Der Erbe bleibt dabei nach wie vor verfügungsbefugt über den Nachlass.

(Anmerkung – gefährlich für den Erben: er kann durch Antrag eines Gläubigers des Erblassers dazu gezwungen werden, ein Nachlassinventar zu errichten. Bei Fristversäumnis, also zu spät aufgestellter Inventareinreichung oder falscher oder unvollständiger Inventarerrichtung, § 2005 BGB, entfällt die Haftungsbeschränkung auf den Nachlass und es tritt die unbeschränkte Haftung auch mit dem Eigenvermögen des Erben ein.)

b) Kennt der die Lebensverhältnisse des Erblassers doch nicht so genau (oder es stellen sich unbekannte Schulden heraus!), kann er den Antrag auf Durchführung eines Aufgebotsverfahrens (I.2.) stellen.
Wer ganz sicher gehen will, sollte dieses Verfahren auf jeden Fall, auch wenn eine Inventarerrichtung erfolgt war, durchführen, weil dadurch unbekannte Gläubiger ausgeschlossen werden können. Allerdings entstehen dadurch Kosten und der Nachlass wird durch diese Kosten geschmälert.

Er kann allerdings auch ein Nachlassverwaltungsverfahren beantragen, dann wird ein Nachlassverwalter bestellt, der sich um die Berichtigung aller Schulden die auf dem Nachlass lasten kümmert. Der Erbe verliert dabei das Besitz- und Verfügungsrecht über den Nachlass und muss den Nachlass zum Zweck der Nachlassverwaltung an den Nachlassverwalter herausgeben. Er erhält ihn erst nach Berichtigung der Verbindlichkeiten zurück, § 1984 BGB. Dies ist somit eine Möglichkeit, einen beispielsweise weit entfernt liegenden Nachlass – der nach Art und Umfang auch nicht recht bekannt ist – abwickeln zu lassen. Natürlich fallen hierfür Kosten an, die dem Nachlass entnommen werden müssen. Allerdings besteht bei der Nachlassverwaltung die Sicherheit, dass die Gläubiger nicht auf das eigene Vermögen des Erben zugreifen können, weil der Nachlass abgetrennt verwaltet wird.
Stellt es sich heraus, dass der Nachlass überschuldet ist, kann sofort ins Nachlassinsolvenzverfahren übergegangen werden.

c) Falsch ist es daher, einem berufenen Erben vorschnell zu raten, die Erbschaft wegen Unkenntnis des Nachlassbestandes auszuschlagen.
Denn mit der Annahme der Erbschaft und der anschließenden Durchführung des Nachlassinventarverfahrens oder dem Nachlassverwaltungsverfahren erreicht der Erbe die Trennung des Nachlasses von seinem Eigenvermögen und er kann seine Haftung nur auf den Nachlass beschränken.

d) Nur wenn der Erbe gar kein Interesse am Antritt der Erbschaft hat, sei es aus persönlichen Gründen gegenüber dem Erblasser oder weil er mit ihm unangenehmen Personen in einer Erbengemeinschaft zusammen arbeiten müsste, ist eine Ausschlagung nach entsprechender Belehrung anzuraten.
Dann treten seine Kinder an seine Stelle etc. Er ist dann also darüber zu beraten, ob er nur für sich oder auch für seine Abkömmlinge die Ausschlagung erklärt. Ebenso ist er zu beraten, für welchen Berufungsgrund die Ausschlagung erfolgt. Möglicherweise gibt es mehrere Testamente.