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Tipps zur vorweggenommenen Erbfolge

Mich erreichen viele Anfragen von Bürgern, die zu Lebzeiten Vermögen übergeben wollen, meistens an die Kinder oder auch an den Ehegatten. Wir Juristen nennen das vorweggenommene Erbfolge. Eine lebzeitige Übertragung Ihrer Immobilie – oder auch sonstigen Vermögens – hat den Vorteil, dass dieses Vermögen vor dem Zugriff des Sozialhilfeträgers geschützt werden kann (I.), steuerliche Vorteile bringt (II.) und sich Vorteile bei der Umschreibung des Grundbuchs nach dem Erbfall ergeben (III).

Hier geht es um den Schutz des Vermögens vor dem Zugriff des Sozialhilfeträgers.

Der Sozialhilfeträger, der für pflegebedürftige Personen aufkommt, ist berechtigt, die Schenkungen die in den letzten 10 Jahren vor Stellung eines Sozialhilfeantrags vollzogen wurden, rückgängig zu machen, um seine aufgewendeten Kosten daraus zu bestreiten. Der Hintergrund ist folgende gesetzliche Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch:

§ 528 Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers

Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden. Auf die Verpflichtung des Beschenkten findet die Vorschrift des § 760 sowie die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltende Vorschrift des § 1613 und im Falle des Todes des Schenkers auch die Vorschrift des § 1615 entsprechende Anwendung. (…)

Wenn Sie als Eltern „im Alter“ betreuungsbedürftig werden und Ihr Vermögen nicht mehr ausreicht, um die Pflegeleistungen zu finanzieren, könnten Sie bzw. an Ihrer Stelle der Sozialhilfeträger die Schenkung, die innerhalb von 10 Jahren getätigt wurde rückabwickeln, um Ihre Versorgung wieder herzustellen. Das bedeutet, dass Eltern entweder frühzeitig Vorsorge durch Abschluss einer privaten Pflegeversicherung treffen sollten oder Vermögen so frühzeitig übertragen wird, dass die Zehnjahresfrist eingehalten werden kann.

Pflegerisiko/ Kostenrisiko im Alter

Für niemanden kann vorausgesehen werden, welcher Pflegeaufwand im Alter entstehen wird. Nach einer statistischen Erhebung (2022) sind 2,6 Mio. Menschen in Deutschland pflegebedürftig. Die durchschnittliche Pflegedauer bei Männern liegt bei 7 Jahren und bei Frauen bei 6 Jahren (Durchschnittswert alle Pflegegrade über alle Altersgruppen).

Die gesetzliche Pflegeversicherung deckt nur einen Teil der Kosten der Pflegebedürftigkeit ab. Sollten Sie über eine private Pflege-(Zusatz)-versicherung verfügen, dann nimmt das finanzielle Risko für Sie ab. Die Finanzierungslücke pro Monat kann bei stationärer Pflege je nach Bundesland über 2.000,00 € im Monat betragen (Eigenbeteiligung). Dies bedeutet, dass pro Jahr stationärer Pflege 24.000,00 € Eigenanteil aufkommen, die mit dem eigenen Barvermögen zu zahlen sind. Anschließend besteht der Zwang, anderes noch vorhandenes Vermögen zu verwerten und sollte eine Immobilie beispielsweise innerhalb der letzten 10 Jahre schenkungsweise übertragen worden sein, greift die oben genannte Verpflichtung zur Verwertung/ Rückübertagung, sollte die bedürftige Person kein anderes Vermögen mehr zur Verfügung haben.

Müssen Kinder für die Eltern aufkommen?

In diesem Zusammenhang ist auch das Stichwort des Elternunterhalts wichtig. Elternunterhalt bedeutet, dass die Kinder für die Eltern Unterhalt bezahlen müssen. Die Sozialhilfebehörde tritt auch an die Kinder heran und prüft, ob diese unterhaltspflichtig sein können. Aktuell gilt eine Eintrittspflicht eines Kindes aber erst, wenn sein Bruttoverdienst über 100.000 € jährlich liegt. Als Schonvermögen hat ein Kind lediglich 10.000 € zur Verfügung das ihm ungeschmälert verbleibt. Verdient ein Kind nichts oder wenig, kann auch dessen gut verdienender Ehepartner herangezogen werden (Schwiegerkinder-Haftung).